Hallo liebe Hunterbear-Freunde, seit einigen Jahren gibt es Anfang April die Diskussion, wie wir Jäger, damit auch jeder einzelne Jäger für sich, mit der im überwiegenden Teil Deutschlands erlaubten Verkürzung der Schonzeit auf Rehwild auf den 01.04. (mancherorts auch 16.04.) umgehen sollen.
Kurz die Fakten: Durch menschgemachten Klimawandel in Verbindung mit mehreren deutlich zu trockenen Sommern hintereinander sowie durch schnellwachsende Monokulturen ohne Widerstandskraft (auch aufgrund der trockenen Sommer) gegen einzelne Schädlinge (Borkenkäfer) und den stärker und häufiger auftretenden Starkwindereignissen in den letzten Jahren sind deutschlandweit gewaltige Schadflächen dem Harvester zum Opfer gefallen. Diese riesigen Flächen müssen möglichst schnell wieder aufgeforstet werden. Neue, klimaresistentere und gut durchmischte Baumarten sollen wieder dafür sorgen, dass der Boden vor weiterem austrocknen und Erosion geschützt ist. Außerdem soll CO2 aus der Luft gebunden werden. Weil die Aufforstung aus ökologischer und ökonomischer Sicht so wichtig ist, scheint aktuell das Allheilmittel von Forst und Politik zu sein, dass alle Boviden (Reh/Rotwild/Damwild, aber auch das immer spärlicher werdende Muffelwild) die alleinige Verantwortung am (Nicht-)Hochkommen der Aufforstung tragen. Das ist, ohne durch die ideologische Brille zu schauen schlicht weg falsch. Ja, die genannten Wildarten haben Bäume durch Schälen, Fegen und Verbiss geschädigt, haben es aber auch in den vergangenen Jahrhunderten nicht geschafft den Wald niederzuäsen. Das schafft der Mensch mal ganz locker in 30 – 50 Jahren. Zumal das Wild aufgrund seines natürlichen Ursprungs ja eher kein Waldbewohner ist, sondern aus den Steppen/Offenland (Rotwild) oder Mischregionen mit Wald & Wiesen (Reh & Damwild) kommt. Erst die Verdrängung durch den Menschen aus den Offenlandregionen, zuerst in die Randgebiete zwischen Wald und Wiesen, dann ganzheitlich in die Wälder, hat dazu geführt, dass sich die Nahrungsgewohnheiten zwangsläufig der vorhandenen Nahrung (Rinden/Triebe/ Verjüngung) angepasst haben.
Nun sind diese Wildtiere schnell zu den Sündenböcken und Schädlingen für die Naturverjüngung und Anpflanzungen erkannt worden und gehören (so klingt es aus manchen Forstämtern) rigoros abzuschießen – Wald vor Wild! Aber wir Jäger sind ja keine Schädlingsbekämpfer (auch wenn sich manche Grünröcke unserer Zunft dafür halten, Hauptsache es macht bumm und irgendeine Kreatur fällt um), sondern versuchen, dem Hegegedanken folgend, eine dem natürlichen Lebensraum angemessene Wilddichte gesund zu erhalten. Mit anderen Worten: Wild und Wald! Dies alles hört sich ja jetzt eher wie ein Plädoyer gegen eine Schonzeitverkürzung an, stimmt, denn bis hierhin ging es weitestgehend um die Ideologie von Waldbesitzern/Forstämtern und deren willigen Wissenschaftlern und Gutachtern.
Es gibt aber durchaus auch aus jagdlicher Sicht einige gute Gründe, bereits im April auf Bock und Schmalreh anzusitzen! Einer bedingt sich aus dem oben bereits erwähnten Klimawandel. Obwohl ich keineswegs schon als ALT zu bezeichnen wäre, kann ich mich sehr gut daran erinnern, dass die Osterglocken erst kurz vor Ostern blühten und die Baum- und Strauchvegetation erst Mitte/Ende April ihre ersten Blüten und folgend zartes grün entwickelte. Nun aber, bedingt durch immer mildere und kürzere Winter in den letzten Dekaden, beginnt dieser Zyklus bereits Mitte/Ende März. Das bedeutet, dass Anfang Mai ein großer Teil der Waldsträucher und Pflanzen bereits, wenn auch noch nicht vollständig, so doch in saftigem Grün steht und somit sich die Sichtbarkeit des Wildes drastisch reduziert. Dies war vor 15-20 Jahren noch anders.
Ein weiterer Grund sind die Verluste durch den Straßenverkehr. Gerade im April ist das Rehwild, aufgrund territorialer „Machtkämpfe“ unter den Böcken/Jährlingen viel und hormongesteuert unterwegs. Dabei kommt ungefähr (geschätzt) ein Drittel der, durch Autoverkehr „erlegten“ Tier im April zu Tode. Da ist es doch sinnvoller und tierschutzkonformer, diese mit der Büchse für die eigene Truhe zu entnehmen. Hierbei bitte auch auf keinen Fall die Schmalrehe vergessen! Nachwuchs abschöpfen bedeutet nicht nur nach den Böcken zu schauen, sondern gerade jetzt, bei sicherem Ansprechen, auch die zukünftigen Nachwuchsträgerinnen zu erlegen.
Wie Ihr seht, gibt es nicht die eine Antwort auf dieses Thema. Hinzu kommen ja noch besondere Gegebenheiten wie z. B. die Höhe über NN des Reviers. Hier kann der Winter immer noch sehr lange dauern, Grün wächst kaum. Das Wild befindet sich dann im April immer noch im Wintermodus. Die gezielte Jagd kann hier, bei spätem Schneefall, dafür verantwortlich sein, dass die geschwächten Tiere auch im April noch aufgrund von Fluchten im tiefen Schnee und Kraftlosigkeit verenden.
Am Ende müsst Ihr selber entscheiden, ob Ihr bei einer möglichen Freigabe durch die Jagdbehörden bereits ab April auf Bock und Schmalreh geht. Es gibt Argumente für beide Seiten (ohne den Wildgegnern das Wort zu reden). Die Trophäe wird es nicht sein, denn diese befindet sich im April meistens noch im Bast. Also, nutzt die Chance für gezielte Eingriffe, wo sie notwendig sind und Aufforstungsflächen geschützt werden müssen, behaltet aber auch die Belange und Lebensgrundlagen Eures Wildes waidgerecht und nach aller Kunst der Hege im Auge.
Waidmannsheil
Hunterbear